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Japan-LegendenSPEZIAL

Prinz Yaschima und seine Gattin

Quelle: Brauns, David: Japanische Märchen und Sagen, 1885 - http://www.zeno.org - Contumax GmbH & Co. KG

Ein junger Prinz aus dem fürstlichen Geschlechte der Abe, Namens Yaschima, war einstmals ausgegangen und hatte sich in einen Tempel der Gottheit von Inari begeben, um dort seine Andacht zu verrichten, als ein junger Fuchs in die Kapelle gelaufen kam, in welcher er sich befand, und ängstlich sich in den Falten seines Gewandes zu bergen suchte.

Obgleich die Füchse bei der Inari-Gottheit in hoher Gunst stehen, so war Prinz Yaschima doch sehr erstaunt über diese Begebenheit. Er suchte das arme Thier, mit dem er aufrichtiges Mitleid fühlte, so gut er konnte zu beruhigen und sagte demselben, er wolle es schützen; das Füchslein schien ihn zu verstehen und blickte ihn dankbar an. Was der Grund der Todesangst des Fuchses war, das wurde ihm bald klar; denn als er aus der Kapelle heraustrat, in welcher er gebetet, kamen zwei hochgestellte Hofbeamte, die ihm wohlbekannt waren, auf ihn zu und fragten ihn, ob er keinen Fuchs gesehen. Sie seien auf der Jagd nach demselben begriffen, so erzählten sie, und es liege ihnen viel daran, des Thieres habhaft zu werden, weil sie nach Vorschrift ihres Arztes für einen Kranken in ihrer Familie der Lunge eines Fuchses zur Herstellung von Arzneien bedürften. Yaschima war trotzdem nicht gewillt, den Fuchs zu verrathen und ihnen auszuliefern, und erwiderte, er habe kein Thier der Art gesehen.

Die beiden Jäger aber glaubten ihrer Sache sicher zu sein, daß der von ihnen verfolgte Fuchs nicht fern sein könne; sie sahen nach und bemerkten ihn hinter Yaschima in der Kapelle. Ungestüm verlangten sie ihn nun zu haben, und als Yaschima sich fortdauernd weigerte und trotz aller Spottreden, mit welchen ihn die beiden überhäuften, bei seiner Meinung blieb, da fingen sie einen ernsthaften Streit mit ihm an. Yaschima mußte sein Schwert ziehen und sich vertheidigen; gerade in diesem Augenblick aber kam sein Vater herzu und schlug sich natürlicher Weise ohne weiteres auf seines Sohnes Seite.

Der Kampf hatte einen sehr blutigen Ausgang; zuerst fiel Yaschima's Vater, dann aber erschlug Yaschima seine beiden Gegner und erfüllte damit die vorgeschriebene Rachepflicht. Traurig ging er nun aber von dannen; der Verlust seines geliebten Vaters bekümmerte ihn tief, und wenn er sich auch nicht in laute Klagen ergoß, so nagte doch der Kummer um so schmerzlicher in seiner Brust.

Als er nun so im Tempelhaine wandelte, sah er plötzlich ein wunderschönes Mädchen vor sich stehen, das ihm freundlich zuredete und ihn, nachdem er ihr den Grund seiner Betrübniß mitgetheilt, auf das liebreichste zu trösten suchte.

Er hörte denn auch ihren Trostreden gern und willig zu, und da er bald gewahr wurde, daß sie ebenso gut und klug als schön war, so gewann sie schnell sein ganzes Herz. Um sie nicht zu verlieren, trug er ihr sofort seine Hand an; sie willigte augenblicklich mit hingebender Zärtlichkeit ein und ging mit ihm in sein Haus, wo die Hochzeit gefeiert ward und die beiden Neuvermählten im höchsten Glücke mit einander lebten.

Nach einiger Zeit schenkte die geliebte Gattin dem Yaschima einen Sohn, dem die Eltern den Namen Seimei gaben; als aber dies geschehen, ward die junge Frau traurig. Endlich sagte sie dem Yaschima, der sich darüber sehr betrübte, sie könne nicht länger bei ihm weilen; die Zeit, welche die Göttin von Inari ihr verstattet, um ihn für den Verlust seines Vaters zu trösten, sei nunmehr abgelaufen. Sie sei derselbe Fuchs, dem er im Tempel jener Gottheit das Leben gerettet, und daher habe er seinen Vater eigentlich ihrethalb verloren. Die Pflicht der Dankbarkeit, welche ihr obgelegen, sei von der Göttin als vollberechtigt anerkannt, und so habe dieselbe ihre zweite Begegnung und Vermählung ausdrücklich zu seinem Tröste veranstaltet. Danach wurde sie wieder zum Fuchse und verließ den tief betrübten Prinzen Yaschima.

Ihr Sohn aber, der ihm blieb, ward von ihm aufs innigste geliebt und sorgsam behütet und ward in späteren Jahren so weise, wie es sonst nur göttliche Wesen zu sein pflegen, so daß er viele der wichtigsten und heilsamsten Lehren und Zaubersprüche der Menschheit hinterlassen hat.

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Hinweis: In den Erzählungen wird die deutsche Rechtschreibung des Jahres 1885 verwendet.